1995 wurde das Nürnberger Haus im Rahmen der Städtepartnerschaft zwischen Charkiw und Nürnberg als interkulturelle Begegnungstätte vom Partnerschaftsverein Charkiw-Nürnberg gegründet. Der Nürnberger Verein fand in Charkiw im Club der Freunde Nürnbergs den Partner, mit dem die Einrichtung und Ausstattung des Zentrums auf die Beine gestellt werden konnte. Eine sehr wichtige, Unterstützung leisteten der langjährige Vereinsvorsitzende Dr. Bernd Rödl und seine Kanzlei. Aber auch die Stadtverwaltungen von Charkiw und Nürnberg förderten das Nürnberger Haus. Zum Direktor wurde Anatoliy Mozgovyy ernannt, was entscheidend zum Erfolg der Einrichtung beitrug. Fast 25 Jahre lang, bis zu seinem viel zu frühen Tod prägte er ihre Entwicklung und sorgte für das große Ansehen, dessen sich das Nürnberger Haus heute erfreut.
Seit 1998 arbeitet das Nürnberger Haus eng mit dem Goethe-Institut zusammen. 2000 wurde es Sprachlernzentrum des Goethe-Instituts und seitdem mehrfach akkreditiert. Ebenfalls betreut es seit 2000 das Goethe-Lehrmittelzentrum für Charkiwer Deutschlehrkräfte. Zum Programm gehörten bis 2022 ca. 45 Deutschkurse jährlich, Goethe-Prüfungen, die von den Nürnberger Haus Lehrkräften abgenommen werden, und Fortbildungen.
Von Anfang an bot das Nürnberger Haus Information und Beratung an sowie Workshops und Seminare zu Deutschland und zu interkulturellen Fragen. Die rege genutzte Bücherei mit aktuellen Zeitschriften und Fachliteratur ist fester Bestandteil dieses Angebots. Ab 1997 wurden immer wieder mit dem Partnerschaftsverein Schüler- und Jugendbegegnungen organisiert. Ab 2009 waren sie jeweils verbunden mit Workshops zu aktuellen Themen.
Ebenfalls fanden regelmäßig Ausstellungen junger Charkiwer Künstler und Kulturveranstaltungen im Nürnberger Haus statt. Seit 2004 erhält das Nürnberger Haus auch als Kulturzentrum eine jährliche Förderung vom Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland für Ausstellungen, Konzerte, Vorträge, Lesungen und Filme, die ein modernes Deutschlandbild vermitteln.
In der Pandemie lernte das Nürnberger Haus Online zu arbeiten. Fast alle Sprachkurse und eine Reihe von Kulturveranstaltungen fanden weiter im digitalen Format statt. Selbst nach dem Ausbruch des Krieges von Russland gegen die Ukraine im Februar 2022 war das Nürnberger Hauses nicht zu stoppen. Obwohl die Räumlichkeiten durch Raketenbeschuss beschädigt wurden und die Lehrenden zum Teil evakuiert waren, blieb das Pädagogenteam bestehen, und die Sprachkurse gingen 2022 und 2023 erfolgreich weiter. Daneben gibt es aber einen neuen Schwerpunkt der Tätigkeit: das Nürnberger Haus leistet immer wieder humanitäre Hilfe für Krankenhäuser, Altenheime und für die Soldaten an der Front.
Serhij Zhadan
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Unsere Vorstellung von Städten und Ländern, der Blickwinkel und die Einstellungen, mit denen wir die Toponymik und die Geographie betrachten, beruhen größtenteils auf Stereotypen und Klischees. Touristenrouten dringen nicht ein in das Wesen der Dinge und Erscheinungen. Im allgemeinen interessieren sich Touristen nur wenig für die tatsächlichen Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung. Ihr Interesse in fremden Ländern gilt weniger den Bewohnern, als den Denkmälern von historischen Größen und politischen Führern.